Liebe Freunde, Paten und Gönner,
leider gibt es aus Haiti derzeit nicht so viel Positives zu berichten. Wie in der gesamten restlichen Welt bestimmt die Corona-Pandemie auch das Geschehen in Haiti. Während wir in Mitteleuropa trotz der aktuellen Beschränkungen vergleichsweise gut aufgehoben sind und uns über eine vollumfängliche Versorgung in allen Bereichen freuen können, wäre die Bevölkerung in Haiti dem Virus fast schutzlos ausgeliefert. Die medizinische Versorgung ist katastrophal und auch nur einem privilegierten Kreis zugänglich. Insofern ist es ver-ständlich, dass die Behörden einen generellen Einreisestopp verhängt haben, um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern.
Die haitianische Jugendbehörde IBESR lässt mitteilen, dass im Zusammenhang mit der Pandemie die Verantwortlichen der Kinderheime über Schutzmaßnahmen informiert, deren Anwendung dazu beiträgt, die Hygiene aufrechtzuerhalten und die Verbreitung des Virus in den Heimen zu vermeiden. Gleichzeitig soll in Zusammenarbeit mit UNICEF damit begonnen worden sein, geeignete Mittel (z.B. Chlor und Seife) an alle Heime zu verteilen und die Mitarbeitenden durch einen Arzt des IBESR aufzuklären bzw. zu schulen.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob unser APOM-Heim aufgrund seiner dezentralen Lage und mangels offizieller Anerkennung durch das IBESR berücksichtigt wird. Und da sind wir bereits bei dem nächsten Problem:
Der Betrieb von Kinderheimen in Haiti ist nur dann legal, wenn eine offizielle Anerkennung und Zulassung durch das IBESR ausgesprochen wird. APOM fehlt diese Zulassung derzeit. Es gab sie einmal, allerdings wurde sie nie verlängert. Wir versuchen, die Zulassung sowohl von hier aus über Eltern für Kinder, als auch direkt vor Ort über Pastor und Madame Colas zu erwirken. Das IBESR macht die Zulassung nach unserem Kenntnisstand immer wieder von der Umsetzung einiger Auflagen abhängig (z.B. den Bau eines festen Sanitärbereichs oder die Einstellung von Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern). Angeblich sollte jetzt die Abnahme durch das IBESR vor Ort in Maissade stattfinden. Nun wurde dieser Termin aufgrund der Corona-Krise auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Ganze ist schwer nachvollziehbar, zumal wir über einen vollkommen extern finanzierten Heimbetrieb sprechen, der dem haitianischen Staat nicht einen Cent kostet. Allerdings müssen wir uns dem System unterwerfen, denn ansonsten wäre das APOM-Heim illegal und die Betreiber vor Ort der Strafverfolgung ausgesetzt. Also kämpfen wir weiter.
Auch sonst blicken wir in Haiti auf düstere Zeiten zurück.
Die Lage in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince ist seit vielen Monaten katastrophal. Straßenblockaden sind ebenso an der Tagesordnung wie Plünderungen. Es kommt immer wieder zu gewaltsamen Protesten. Ausländische Besucher des Landes müssen um ihr Leben fürchten. Im November letzten Jahres wurde ein französisches Ehepaar kurz nach Ankunft am Flughafen in Port-au-Prince erschossen. Auch sonst kommt es nicht selten zu Todesfällen unter Demonstranten, Geschäfte werden in Brand gesetzt. Während Polizisten für höhere Gehälter auf die Straße gehen, fordern Regierungsgegner den Rücktritt des Staatschefs Jovenel Moïse. Der Regierung des verarmten Staates werden zahlreiche Korruptionsaffären angelastet, während ein Großteil der Bevölkerung kaum genug zum Überleben hat. Engpässe in der Versorgung mit Benzin sorgten für weitere Wut. Die Regierung verurteilt diese Gewaltakte und Angriffe auf Freiheit und Demokratie mit größter Härte und gibt natürlich nicht nach.
Hinzu kommen interne Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und der Armee - zuletzt zur Karnevalszeit. Hierzu muss man wissen, dass die Vereinten Nationen bis Herbst letzten Jahres eine Friedenstruppe in Haiti unterhielten. Eine haitianische Armee gab es schon Jahrzehnte nicht mehr. Gleichzeitig wurde die haitianische Polizei von den UN finanziell unterstützt und ausgebildet. Nun wurde die UN-Mission nach schrittweiser Reduzierung in 2019 komplett eingestellt. Man spricht von sieben Milliarden US-Dollar, die insgesamt von außen an finanzieller Unterstützung an die haitianischen Sicherheitskräfte flossen. Diese Mittel entfielen und der haitianische Staat muss seine nun Sicherheit selbst finanzieren - aber wovon? Geld für Bezahlung, Ausrüstung, Gesundheitsversorgung, Renten und andere Sozialleistungen ist nicht da.
Und nun hat die Regierung damit begonnen, die Armee wiederherzustellen. Seit vergangenem Jahr hat Präsident Moïse die Streitkräfte von Haiti (FADH) offiziell wieder mobilisiert. Bei der Polizei fragt man sich natürlich, wie es sich das Land leisten kann, eine Armee zu unterhalten, wenn schon kein Geld für die Polizei und die Bevölkerung vorhanden ist. Also beschlossen einige Polizei-Offiziere, gemeinsam mit Zivilisten an Karneval zu demonstrieren und aufzumarschieren. Die Bemühungen des Präsidenten, schlichtend einzuwirken, scheiterten allein schon aufgrund der Tatsache, dass Gehaltsfragen der Polizei nicht Gegenstand der Verhandlungen waren.
Also entwickelte sich ein Protest, der in Gewalt ausartete. Armee und Polizei standen sich gegenüber. Es kam zu Schusswechseln, bei denen auf allen Seiten Verwundete und Tote zu beklagen waren.
Die Konflikte werden durch bewaffnete Banden befeuert, die allgegenwärtig sind und sowohl die Politik als auch die Wirtschaft und Teile der Sicherheitskräfte beeinflussen und kontrollieren, um
u.a. ihren Drogenhandel boomen zu lassen.
Ein Ende der Gewalt oder eine Lösung der Probleme ist nicht in Sicht.
Was passiert in Maissade?
Kürzlich kehrte Roswitha Weiß nach einem mehrmonatigem Aufenthalt aus Haiti zurück. Im Rahmen ihrer Reise besuchte sie auch unser Projekt und dokumentierte die jüngsten Aktivitäten und
Entwicklungen.
Einige Beschädigungen und Verschleißerscheinungen an der Gebäudesubstanz konnten beseitigt werden. Betroffen waren u.a. die Fensterläden, die unter Sonne und Regen zu leiden hatten. Der Schreiner wurde aktiv.
Den Kindern und Jugendlichen geht es im Großen und Ganzen gut. Gerne würden wir noch einige weitere Kinder in dem Projekt aufnehmen, aber - wie bereits oben erwähnt - ist dies aufgrund der fehlenden Zulassung (noch) nicht möglich. Derzeit dürfen Pastor und Madame Colas nur dann Kinder aufnehmen, wenn andere Bewohner das Heim verlassen. Dies kommt gelegentlich auch vor, wenn beispielsweise bislang unbekannte Verwandte auftauchen und den Kindern den Auszug aus dem Heim schmackhaft machen - aus welchen Gründen auch immer. An dieser Stelle sei noch einmal erwähnt, dass APOM lediglich ein Angebot ist. Niemand wird zum Bleiben gezwungen.
Was ist sonst noch wichtig?
APOM hat sich in eine wunderbare Aktion der Haiti-Kinderhilfe eingeklinkt:
Bäume für Träume - plante pou Ayiti
Bereits zum Jahreswechsel hatten sich 13 Schulen beteiligt und es wurden hierbei knapp 8.000 Bäumchen zu Beginn der Regenzeit gepflanzt. Nun ist also auch APOM dabei. Hier einige Informationen zu dem gleichermaßen simplen wie genialen und nachhaltigen Projekt.
Ganz herzlichen Dank an die Haiti-Kinderhilfe und vor allem Roswitha und Richard Weiß für ihren unermüdlichen Einsatz. Unser Projekt hätte ohne die Unterstützung und die Zusammenarbeit mit der Haiti-Kinderhilfe nicht realisiert werden können.
Wir bedanken uns bei allen Spendern für ihren Einsatz - wie beispielsweise im Rahmen von Spendenaktionen in Schulen, Kindergärten oder anlässlich von Geburtstagen und Jubiläen. Nicht vergessen wollen wir die Familien, die seit Jahren mit ihren Patenschaften einen wesentlichen Anteil an dem Erfolg des Projektes und die nachhaltige Finanzierung tragen. Alle Spenden erreichen zu 100 % "unsere Kinder" in Maissade.
Mèsi anpil und bleibt gesund!
April 2020
Ralf Gutsche
Eltern für Kinder e.V.
Mitglied des Vorstandes
Kontakt:
Tel.: 05401-98241
Mobil: 0171-8363355
eMail: gutsche@efk-adoptionen.de
BIC: BFSWDE33BER
Bank für Sozialwirtschaft